Die Schulgebäude des FEG
Die erste Stuttgarter Real - und Bürgerschule war bekanntlich in den Räumen des Stuttgarter Gymnasiums untergebracht und wurde zunächst von deren Rektoren geleitet. Da sich jedoch die Zielsetzungen beider Schulen unterschieden, strebte man eine räumliche und verwaltungsmäßige Trennungen der beiden Schulen an, die am 15. Oktober 1818 von König Wilhelm beschlossen wurde. Am 26. Oktober zogen vier Realschulklassen mit 147 Schülern zwischen 8 und 14 Jahren in das erste eigene Realschulgebäude mit der Hausnummer 372 in die Bauhofgasse ein, heute Hospitalstraße 10. Der Realschule war eine sogenannte Elementarschule angegliedert, in der jüngere Schüler auf das Gymnasium bzw. die Realschule vorbereitet wurden. Der erster Rektor der beiden Schulen, die sich im gleichen Haus befanden, war Professor Carl Christoph Ferdiand Weckherlin (1764 - 1836), der die Realanstalt bis zum Jahre 1835 leitete, als die Realschüler in ihr zweites Schulgebäude, einem Neubau in der Kanzleistraße 13 einzogen.
Was weiß man nun über das Gebäude in der Hospitalstraße 10 und wie sah es einst aus?
Eine alte Zeichnung von Federer (Siehe Wais, Bild 106) zeigt die Einmündung der Hospitalstraße in die Kanzleistraße mit der alten Garnisonskirche, der Leibgardekaserne (heute Hospitalstraße 2 - 6) und die Ostseite des Gebäudes der Hospitalstraße 8. Ferner ist im Stadtarchiv eine Architekturskizze der Vorderfront des Gebäudes der Hospitalstraße 10 erhalten, so daß man den Straßenzug der Hospitalstraße zwischen Hospitalkirche und Kanzleistraße mit Hilfe entsprechender Stadtpläne gut rekonstruieren kann.
Die Garnisonskirche entstand 1777 unter Herzog Carl Eugen aus einer alten Herrschaftsscheuer des Bauhofes und wurde bis 1879 als Kirche benutzt. Die 1875 - 1879 erbaute neue Garnisonskirche lag übrigens auf dem Gelände der ersten Turnhalle der Realschule, die dann wegen des Kirchbaus abgebrochen und an der Ecke Forst- und Seidenstraße wiedererstand. Die Leibgardekaserne wurde 1810 von König Friedrich auf dem Gelände des königlichen Bauhofes für die Leibgarde errichtet. Heute befindet sich an dieser Stelle das 1889 erbaute Landesgewerbemuseum (jetzt Haus der Wirtschaft).
Die Realanstalt wurde im Wohnhaus der Hospitalstraße 10 untergebracht, das mindestens bis zum Jahre 1811 im Besitz des Staatsrats Ferdinand Weckherlin war, wahrscheinlich ein Verwandter des Professors Carl Christoph Ferdinand Weckherlin, damals Lehrer am Gymnasium in Stuttgart und wohnhaft in der Rothestraße 14. Es ist denkbar, daß Ferdinand Weckherlin den Verkauf des Gebäudes an die Stadt betrieben hat, um die Verselbständigung der Realanstalt und damit seinen beruflichen Aufstieg zu beschleunigen, wurde er doch deren erster Rektor. Nach dem Umzug der Realanstalt wird das Gebäude an den Hofbüchsenmacher Valentin Pfeiffer verkauft, mit der Auflage, die Frontseite zu erhalten. Das stetige Wachstum der Anstalt, ihre Erweiterung zur "Vereinigten Kunst -, Gewerbe - und Realschule" und die Verteilung der wachsenden Klassen über die ganze Innenstadt machten einen Neubau in der Kanzleistraße notwendig, der 1835 bezogen wurde. Es war das erste eigene richtige Schulhaus, in das die Realschüler einziehen durften.
Von dem alten Schulgebäude in der Hospitalstraße mußten sie nur einige Schritte um die Ecke gehen, um in ihr neues Domizil zu gelangen.
(Gerhard Schlecht, ehemaliger Physik- und Mathelehrer)
Literatur und Quellen:
Adressbücher von Stuttgart von 1794,1804,1811,1829,1833,1839, Archiv der Stadt Stuttgart
Bauakten der Hospitalstraße 10, Archiv der Stadt Stuttgart
v. Frisch, Christian: Festschrift zum 50 - jährigen Jubiläum der Realanstalt, 26.Okt.1868
v. Kieser, Wilhelm: Die Realschule zu Stuttgart, Guttenbergsche Buchdruckerei 1846
Wais, Gustav: Stuttgart im 19. Jahrhundert (DVA 1955), Bild 106
Wais, Gustav: Altstuttgarter Bauten im Bild 1951, Bilkd 58
Stadtpläne von 1794 und 1843 (?)
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